Das gegenwärtige Geschäftsjahr rückt in sein letztes Quartal vor. Ich möchte dies als Anlass nehmen, Sie auf die Rechtsprechungsänderung der obersten Gerichtshöfe[1] in Bezug auf die Hinweisobliegenheiten eines jeden Arbeitgebers auf bestehende (Rest-) Urlaubstage seiner Mitarbeiter hinzuweisen.
Mit der aktuellsten Rechtsprechung auf europäischer und nationaler Ebene dürfen Urlaubstage von Arbeitnehmern nicht mehr ohne Hinweis verfallen.
Nach richtlinienkonformer Auslegung des Bundesarbeitsgerichts zu § 7 BUrlG, darf sich ein Arbeitgeber nur noch dann auf einen fehlenden Urlaubsantrag seines Arbeitnehmers berufen, wenn er zuvor
- „rechtzeitig“
- „konkret“ und
- in „völliger Transparenz“
den jeweiligen Mitarbeiter in förmlicher Art und Weise auf seinen Urlaubsanspruch hingewiesen hat. Die Initiativlast hierfür liegt fortan allein beim Arbeitgeber. Einhergehend urteilten die Erfurter Richter, treffe den Arbeitgeber auch die volle Beweislast bzgl. der soeben beschriebenen Mitwirkungsobliegenheiten.
Warum haben die Gerichte so entschieden?
Das BUrlG ist ein sog. Arbeitnehmerschutzgesetz und dient in aller Regel dem Mitarbeiter als Gesundheitsschutz. Ohne „schlechtes Gewissen“, soll es dem Arbeitnehmer ermöglicht werden, in einem regelmäßigen Rhythmus, eine gewisse Erholung und Ruhephase in Anspruch zu nehmen, ohne deswegen Repressalien befürchten zu müssen. In diesem Sinne hat der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflichten aus §§ 611a, 242 BGB auch die Aufgabe, seinen Arbeitnehmern bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche unterstützend zur Seite zu stehen.
Was sind die Folgen? Handlungsempfehlung!
Noch nicht eindeutig Stellung haben die Gerichte dazu bezogen, welche Anforderungen Sie an die unbestimmten Rechtsbegriffe „völlige Transparenz“, „rechtzeitig“ und „konkret“ stellen. Angeführt wird jedoch, dass eine Mitteilung zu Jahresbeginn mit den noch zur Verfügung stehenden Urlaubstagen, gepaart mit der Aufforderung diese auch derart rechtzeitig zu beantragen, dass sie tatsächlich auch genommen werden können als Maßnahme ausreichend erscheint. Des Weiteren muss der Arbeitnehmer in der Mitteilung über die Konsequenzen seines Nichtantritts des Urlaubs (Verfall des Urlaubs) belehrt werden. Allerdings stellten sie auch klar, dass pauschale Hinweise in Arbeitsverträgen, Kollektivvereinbarungen oder Merkblättern nicht ausreichend sind, eine ständige Aktualisierung der noch offenen Tage aber auch nicht geboten sei.
Aufgrund der noch sehr jungen Rechtssprechungsänderung sind Entscheidungen der Tatsacheninstanzen bisweilen rar gesät. Allerdings ist ein Trend dahingehend zu erkennen, der die Obliegenheiten des Arbeitgebers noch weiter ausdehnt, um dadurch die Schutzrechte des Arbeitnehmers - als der unweigerlich schwächeren Vertragspartei - weiter zu stärken.
Nutzen sie daher Ihre Chance zu Beginn des vierten Quartals und weisen Sie, zumindest in E-Mail (Text-) Form, Ihre Mitarbeiter auf den verbleibenden Resturlaub und mögliche Konsequenzen hin.
Als Formulierungshilfe könnte beispielsweise folgendes Unterrichtungsschreiben[2] „Hinweispflicht des Arbeitgebers auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch seiner Arbeitnehmer“ herangezogen werden: