Überbrückungshilfen, außerordentliche Wirtschaftshilfen, Beihilfeprogramme und mehr - die Bürokratie rund um die Corona-Hilfsprogramme für Unternehmen bringt Steuerberater an ihre Grenzen. Da sie für die Beantragung der staatlichen Finanzhilfen zuständig sind, können sie sich vor Arbeit kaum retten; gleichzeitig erleben sie tagtäglich, wie Existenzen kippen und Mandanten verzweifeln.
Der Kampf durch den Dschungel der Hilfsprogramme wird. kaum durch den Bund unterstützt. Stattdessen erschweren rückwirkende Änderungen und. ein komplexes Erfassungssystem die Arbeit. So müssen bei Mandanten, für die mehrere Hilfsprogramme in Frage kommen, bei jedem Antrag alle Daten wieder neu erfasst werden. Zur Prüfung, welche Hilfen ihnen zustehen muss die Buchhaltung eines längeren Zeitraums unter die Lupe genommen werden. Das nimmt viele Stunden der Berater in Anspruch.
Als Wissenschaft für sich stellt sich auch das Beantragen der richtigen Maßnahmen dar. Verbesserungswürdig sind zudem die Terminologien und Aussagen: Wenn etwa die Antragsberechtigung für Dezember-Hilfen auf einmal vom jeweiligen Schließungsdatum abhängig ist oder Kriterien für Zugänge zu einzelnen Programmen sich unvermittelt ändern, sorgt das für unnötige Komplikationen. Die enormen Verzögerungen bei der Bearbeitung der Programme - so wurden die sogenannten Novemberhilfen bis dato nur zu etwa 60 Prozent bearbeitet- zwingt viele Selbständige zum Aufgeben. Es bleibt zu hoffen, dass die Januar-hilfen schneller zur Auszahlung kommen. Wenn dann alle Mittel geflossen sind und die Unternehmen wieder versuchen, in normales Fahrwasser zu kommen steht für Steuerberater ein erneuter Marathon an: Alle Anträge müssen nochmals mit der Buchhaltung abgeglichen und Änderungen gemeldet werden.
Fazit
Steuerberater gehören genauso wenig zu den Profiteuren der Pandemie wie die meisten ihrer Mandanten. Die oft in Talkshows dargestellte unbürokratische Hilfe ist in Wirklichkeit eine äußerst komplexe Angelegenheit. Steuerkanzleien müssen sich nicht nur einer immer komplizierteren Materie stellen, sondern werden auch für Fehler in Haftung genommen. Für ihre Mandanten sind sie erste Anlaufstell und häufig auch Kummerkasten, wenn sich Auszahlungen verzögern und Anträge abgelehnt werden.
Ein wenig Morgenluft für alle verspricht der Impfstart: parallel bietet der Bund inzwischen kleine Lichtblicke für Unternehmer, indem er einige zusätzliche „Geschenke" in die Überbrückungshilfe III packt. Hierzu gehören unter anderem Digitalisierungsprämien für WebShops, digitale Kassen, IT-Hardware und so weiter, Sonderabschreibungen für die Winterware des Einzelhandels, Fördergelder für Umbaumaßnahmen zur Einhaltung von Hygienevorschriften und weitere On-Top-Hilfen, über welche einige Online-Plattformen und Steuerbüros jederzeit informieren.
Klaus Tominski und Philipp Neumeyer, Steuerberater Heilbronn